1 René Magritte: La Trahison des images« (1929)
DOI: 10.13140/RG.2.2.35481.43369
La trahison des images (»Der Verrat der Bilder«) von René Magritte gehört zuden berühmtesten Bildern der Kunstgeschichte. Es zeigt eine Pfeife, darunter stehen die Worte »Dies ist keine Pfeife«. Natürlich handelt es sich um keine echte Pfeife, sondern um das Gemälde einer Pfeife. Ein Bild bleibt eben ein Bild und wird nie Wirklichkeit. Magritte sah sich gerne als »Problemlöser« und »denkender Maler«. Mit seinen Rätseln zwingt er uns, den der Kunst, den Symbolen und Bildern innewohnenden »Verrat« anzuerkennen. Nur mühsam erreichte Magritte die Aufnahme in den Zirkel der Surrealisten. Schließlich erwies er sich als »würdig« und durfte zeitgleich mit dem Bild der Pfeife Les mots et les images (»Die Wörter und die Bilder«) in La Révolution surréaliste veröffentlichens. Der Text ist eine pointierte theoretische Reflexion aufdas Verhältnis von Wörtern, Bildern, Medium und Wirklichkeit. Im Kontext der Künstlichen Intelligenz und ihrem Verhältnis zur Kunst erlangen die Arbeitenvon Magritte neue Relevanz. Der Medienkünstler Travor Paglen sieht seine Arbeit als Homage an Magritte. Er setzt sich mit der Frage auseinander, was passiert, wenn Bilder von Maschinen für Maschinen gemacht werden und sie nicht mehr der Menschen interpretiert. In seinen Arbeiten zeigt er, wie die Maschine »sieht« und wovon sie »träumt« .
Das ist keine Pfeife!
La trahison des images entstand in einer Zeit, als sich Magritte den Pariser Surrealisten annäherte. Breton und Éluard behaupteten in La Revolution surréaliste: »Die Poesie ist eine Pfeife«. Mit dem Statement »Ceci n’est pas une pipe« reagiert Magritte darauf: Das Bild ist keine Pfeife! »Bild und Realität sind nicht miteinander zu verwechseln, immer führt[Magritte] derartige Verwechslungsabsichten beim Betrachter ad absurd-um. Auch ist das Bild kein Vermittler von Sprache und Realität, und die Dis-tanz von Bild und Sprache ist gleicherweise unüberwindlich.« Wenn es keine Pfeife ist, was ist es dann? Eben nur eine gemalte Pfeife. Derlapidare Satz ist ein Schlüsselsatz der modernen Kunst über die Sprache unddie Art und Weise, wie Bedeutungen durch Symbole vermittelt oder blockiertwerden. Alles hängt davon ab, wie wir als Menschen Bilder interpretieren undder Welt einen Sinn geben. In Magrittes rätselhaften Bildern passen Gegenstände und deren Bezeichnungen auf verwirrende Art und Weise nicht zueinander. Bilder sind tückisch, in jedem steckt ein »Verrat« (darin ist Magritte Surrealist). In vielen Dingen war Magritte kein Surrealist. Er arbeitete nichtspontan, das Genie lehnte er genauso ab wie die hochtrabenden Prophetien der Avantgarde, denen er eine fast banal anmutende Ikonograrafie ge-genüberstellte. Magritte entzieht sich auch der Oppositionspaaren von Lev Manovich: »Klassik« versus »Kitsch« oder »abstrakt« versus »konkret«. Zurzeit, als die abstrakte Moderne ihren Siegeszug antrat, malte Magritte auffallend gegenständlich in der Manier der Alten Meister. Seine Malerei unter-scheiden sich grundsätzlich von jenem »gigantischen zukünftigen sibirischen Flughhafen aus dem Jahr 1965, gemalt von Hieronymus Boch auf einer gro-ßen Holzplatte in hellen Pastellfarben mit weißen Akzenten«, den Lev Manovich als gelungendes Beispiel der KI-Ästhetik vorstellt …
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