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Blog

Schön, wie das zufällige Aufeinandertreffen von Surrealismus und Künstlicher Intelligenz auf einem sibirischen Flughafen, 1965, gemalt von Hieronymus Bosch

In »Les Spectateurs (La Naissaince de l’ Objet)« des Surrealisten Paul Nougè verhalten sich fünf Personen so, als würden sie ein Bild betrachten. Doch das Bild fehlt. Die Abwesenheit gehört zur Programmatik des Surrealismus. In der unerwarteten Nachbarschaft von Surrealismus und KI-Kunst findet der Autor eine faszinierende Perspektive auf die gegenwärtige künstlerische Medienreflexion. Eine Philosophie der KI-Kunst müsste bei der Nicht-Identität ansetzen, die mediale Differenz betonen und den konzeptionellen Eigenwert des Mediums hervorheben. So konnte der Surrealismus zum Modellfall einer generativen Kunst werden. Können das auch die KI-generierten Werke werden? Lev Manovich wirft den Künstlern unserer Zeit vor, es fehle ihnen eine Philo-sophie, so wie sie die Surrealisten hatten. Er empfiehlt den Datenkünstlern, anstatt immer rationaler zu sein, die Irrationalität zur Methode zu machen. Nur, hält er sich selbst daran? Man findet in Manovichs Arbeiten zwei unterschiedliche Positionen: Eine »Ästhetik der Unmittelbarkeit«, die die Realität immer »besser« darstellen möchte, und eine »Ästhetik der Effekte« in seinen KI-generierten Bildern. Wenn Manovich seinen Erfolg damit begründet, dass er nie die Zukunft einfach spekulativ vorweggenommen habe, sollte man ihm entgegenhalten, dass gerade das Moment des Spekulativen, des Andersmöglichen und des Noch-nicht-Realisierten die Kunst zur Kunst macht.
09.09.2024

Workshop Surrealismus

Ankündigung Workshop WS 2024/25 Vor hundert Jahren rief Andrè Breton im »Manifest des Surrealismus« dazu auf, die Welt und das Leben zu verändern. Er ermutigte dazu, Veränderungen zu provozieren und über die Realität hinauszuträumen. In Zeiten von Angst und Furcht sind kreative Ausdrucksformen nicht nur Mittel zur Verbindung und Kommunikation, sondern lindern manchmal auch den Ernst der Lage zugunsten der Umarmung des Surrealen. Zeigte uns der Surrealimus einst, wie verrückt die Welt sein könnte, so ist die reale Welt heute surrealer als alle Vorstellungen, die wir uns von ihr machen können.
19.08.2024

Entwerfen M1 Revolutionary Grounds

Das Entwerfen ruft im WS 2024/25 zur Revolution auf. Gesucht werden gegen-hegemoniale Bilder, Visionen, Projekte und Ideen zur Veränderung der Welt. Die Studierenden sollen eine Plattform entwerfen für die Verhandlung der post-kapitalistischen Zukunft und mit den Mitteln der Architektur und des Theaters (Bühne) den Kapitalismus hacken, in seine Institutionen reingehen und sie umwandeln. Die "revolutionary grounds" können überall sein. Ihr Thema ist das "Wohnen" in seiner breitesten Definition, als Bewohnen des Planeten, aber auch als Kampf um ein leistbares Wohnen in der Stadt. Es geht also darum, neue Räume zu öffnen für Diskurse und Debatten, die wir in herausfordernden Zeiten dringend brauchen. Es geht um eine radikale Erweiterung des Diskurses. Wie setzt man emanzipatorische Praktiken mit den Mitteln der Architektur um? Wie verwandelt man die ganze Welt in einen Ort der Verhandlung?
19.08.2024

Renè Magritte: "Das ist kein Apfel (Ceci n’est pas une pomme)" - Bild und Realität in der KI

Die KI-generierten »surreal images« eröffnen eine vielversprechende Perspektive auf unsere (post-)digitale Welt. Was passiert, wenn Künstliche Intelligenz auf Kunst trifft? Was offenbart uns der Blick in die Trainingsbibliotheken, mit denen man der Künstlichen Intelligenz das Sehen beibringt? Blenden wir, gefesselt von der schwindelerregenden und hypnotischen Geschwindigkeit, mit der die Maschine auf Hundertausende Bilder zugreift, konsequent das aus, was Kunst allererst zu Kunst macht: das Freisetzen offener Potenziale? Im »Deeplearning« verknüpft die KI nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns Bilder mit Worten. In diesem Kontext gewinnen die »Wortbilder« von René Magritte eine besondere Relevanz. Schaut man sich die Arbeit der Text-zu-Bild-Modelle an, so erscheint vieles als »surrealer«, als es sich Magritte jemals hätte erträumen können. Wir sollten darüber nachdenken, was in den verborgenen Schichten des künstlichen neuronalen Netzwerkes vor sich geht und wer dort das Sehen übernimmt. Adrian Mackkanzie schlüpft in die Rolle des »Code-Beobachters«, er möchte lernen zu sehen, wie die Maschine sieht. Sein Konzept des »Diagramms« eröffnet nicht nur eine neue Sichtweise auf die Bilderwelt des Internets, sondern hilft uns zu verstehen, was die Arbeit von Magritte mit jener des Algorithmus verbindet, aber auch, was sie unterscheidet ...
18.08.2024

Man Ray: "Das Rätsel des Isidore Ducasse" - Raum und Gestalt in der KI

In der bildenden Kunst wurde das Verhältnis von Erscheinen und Verschwinden, Rätsel und Offenbarung, nirgends so explizit behandelt wie im Surrealismus. Man Rays »Das Rätsel des Isidore Ducasse« ist eines der besten Beispiele dafür und zugleich das früheste Werk der Objektkunst, bei dem der Akt des Verpackens eine entscheidende Rolle spielt. Er schafft etwas »anwesend Abwesendes« und zwingt zur Frage: Was bringt der Surrealismus überhaupt (damals wie heute) ins Spiel? Gegenwärtig entsteht der Eindruck, die Welt sei irgendwie surreal geworden. Vielleicht ist das der Grund für das Revival des Surrealismus, dessen Vertreter von der Grunderfahrung einer chaotischen Welt ausgingen ... Der medienarchäologische Ansatz vereint beides, den latenten Raum der künstlichen neuronalen Netzwerke und das Archiv der Surrealisten. Von dort werden Symbole, Signale und Informationen an die Oberfläche geholt. Die materiell-archäologischen Strata der Computerisierung und die symbolische Ordnung des Archivs sind beide prozesshaft. Heute wissen wir: Der medienarchäologische Blick kann von den algorithmischen Maschinen besser ausgeführt werden wie von Menschen. Algorithmen sind subjektlose Agenten, die ein ganz eigenes (eben nicht-menschliches) "Denken" entwickeln. Gibt es - so wie von Surrealisten mit dem »automatischen Schreiben« erdacht - eine Logik, die nicht von der konstitutiven Aktivität von Subjekten oder von Bewusstsein abhängt? Und was bedeutet das für die Kunst? Hannes Bajohr verwendet den Begriff »Gestalt«, der üblicherweise im Zusammenhang mit der menschlichen Wahrnehmung verwendet wird, um das Deeplearning der Künstlichen Intelligenz zu beschreiben. Er zeigt uns, wie eine Kunst aussieht, die von Subjekt, Ausdruck und Repräsentation unabhängig ist ...
18.08.2024

The Fish Route - On Architecture & Climbing [coming soon]

On 29 April 2007, Tyrolean Hansjörg Auer became the shooting star of the climbing scene. He managed to free solo the »Fisch Route«, a tour of the highest difficulty on the south face of the Marmolada in the Dolomites, in less than 3 hours, i.e. without aids and without belaying. With this masterstroke, he broke the mould of what is possible. For architectural theorist Sanford Kwinter, climbing is an architecture in which typology is replaced by the topology of form, which is determined by the tendencies and directions of vectorial forces. For him, architecture is practice and technique in a dynamic field of events shaped by movement, complexity, time and objects and governed by specific regimes. In »The Complex and the Singular« Kwinter makes the climber the paradigmatic figure of our time and the protagonist of a contemporary theory of form and innovation. On the basis of Kwinter›s text, the author develops the concept of a cultural topology. In doing so, he describes the operations, functions, attributes and dynamics of culture as a matrix of change and demonstrates the relevance of the concept for architecture.
10.07.2024

Publikation neu: Das Museum der Zukunft

Das Buch folgt der provokanten und paradoxen These, das Museum der Zukunft werde kein Museum mehr sein. Soviel ist klar: Das Museum wird als kulturelle und soziale Institution nicht überleben, sollte es sich nicht grundsätzlich weiterentwickeln. In einer Gesellschaft, deren dominanter kultureller Code der Algorithmus ist, ändern sich auch die Voraussetzungen für das Sammeln und Bewahren ihrer wertvollsten Dinge. Der Autor sucht nach dem Museum der Zukunft im ländlichen Raum. Dort stehen die großen Probleme unsere Zeit zur Verhandlung: Klimawandel, Verlust von Biodiversität, Leerstand usw. Die Peripherie ist heute ein Reallabor. Dort kann ein neuartiges Museum entstehen in Form eines sozialen, kulturellen und ökologischen Inkubators, ein Ort radikaler Symbiosen und unerwarteter Allianzen.
27.06.2024

Der Weg durch den Fisch. Über Architektur und Klettern [neu!]

Der »Weg durch den Fisch« in der gut 800m hohen Marmolada Südwand in den Dolomiten erhielt seinen Namen wegen der fischförmigen großen Höhle in der Wandmitte, die in der Szene der Kletterer bis zum 29.04.2007 als unüberwindbares Hindernis galt. An diesem Tag gelang dem 23-jährige Tiroler Hansjörg Auer in gut drei Stunden der Durchstieg durch den »Fisch« mit Schwierigkeiten bis 7b+ (IX-) im Free Solo, also im Alleingang und ohne technische Hilfsmittel. Er schaffte damit etwas bis dahin noch nie Erreichtes. In »The Complex and the Singular« stellt der Architekturtheoretiker Sanford Kwinter den Kletterer als paradigmatische Figur unserer Zeit vor. Er erwähnt das Free Solo und erläutert anhand neuerer Sportarten das Verhältnis von Komplexität, Emergenz und Singularität. Kwinter beruft sich auf Philosophen wie Whitehead, Bergson und Deleuze und eröffnet auf dieser Basis spannende Einsichten in das dynamisches Raum-Zeit-Verhältnis und dessen Relevanz für die Architektur. Auch den Autor fasziniert das Klettern: Ist es ein kreativer Akt oder gibt es - auch bei Höchstleitungen -lediglich Wiederholung? Taucht etwas Neues einfach auf? Kann man es provozieren? Ist Innovation eine Angelegenheit der Person, des Prozesses, der Form oder von etwas ganz anderem? Der Autor setzt sich kritisch mit Kwinters Position auseinander und zeigt, was Singularität als kulturelles Phänomen bedeutet.
21.06.2024

The Golden Cage (Ankündigung Lehre)

Ankündigung WS 2024/25 Das Entwerfen geht davon aus, dass es ein dynamisches Verhältnis des Denkens zum theatralen Zeigen gibt. Die Herausforderung besteht darin, das eine ins andere zu übersetzen. Deshalb lädt das Projekt dazu ein, eine Bühne zu entwerfen, die Verhandlungsort für die aktuelle Frage des prekären Wohnens ist. Im Spannungsverhältnis von Bild (»Käfig«) und Architektur rückt das Projekt alternative (Bild-)Möglichkeiten für mehr Diversität, Widerstand und Gemeinschaft in den Fokus. Der »Goldenen Käfig« ist ein gegen-hegemoniales und aktivistisches Projekt.
20.06.2024

Angelusläuten in der Architektur - Zum 100. Geburtstag des Surrealistischen Manifests [Ankündigung]

Das »Angelusläuten« des französischen Malers Millet stellt einen Mann und eine Frau dar, die sich in einem Feld über einen Korb mit Kartoffeln beugen, um den Engel des Herrn zu beten. Berühmt ist die Interpretation von Salvador Dalí, der die Szene neu interpretierte und auf unterschiedliche Weise künstlerisch umsetzte. Mit Hilfe des »Angelusläutens« spannt der Autor einen Bogen auf vom »Manifest des Surrealismus« über das »Retroaktive Manifest« von Rem Koolhaas bis zum »Kynischen Manifest« von Garcia Cruz und Nathalie Frankowsky. Hier begegnen sich die Figuren der Moderne und der Spätmoderne, der Paranoiker und der Kyniker. Ersterer ist besonders sensibel, er findet Verknüpfungen dort, wo vorher keine waren. Paranoia hat ein ungeahntes, kreatives Potenzial. Für die Rückeroberung der Zukunft benötigen wir sie, genauso wie den »anderen Standpunkt«. Sein Antipode ist der Kyniker, der »von unten« kritisiert und ein Dasein im Widerstand, im Gelächter und in der Berufung auf das volle Leben führt. Er ist ein Rebell und möchte das Feld nicht dem Zyniker überlassen. Der Kyniker tritt für eine »ehrliche Architektur« ein, die es wert ist, vor politischen und medialen Manipulationen geschützt zu werden. Was bringt eine solche Haltung der Architektur? n
10.06.2024

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