THESE 1: NATUR IST ZU ALLEN ZEITEN DAS PERFEKTE MUSEUM
Aus: András Szántó: Imagining the Future Museum. 21 Dialogues with Architects, Berlin 2022.
S. 264 -273.
Das Konzept “Natur und Spiel”
András Szántó spricht Eduardo Neira von Roth Architecture über seine Projekte im Dschungel von Yukatan. Neira ist der CEO, Gründer von AZULIK und Präsident der Stiftung Enchanting Transformation. Er verortet seine wunderbaren Projekte mitten im Dschungel, wo er seit mehr als zehn Jahren auf einen konstanten Dialog zwischen Einheimischen und künstlerischen Kommunitäten setzt, um deren gemeinseam Entwicklung zu fördern. Im Fokus stehen der Erhalt der lokalen Kulturen und Landschaft, wie auch die Wiederentdeckung und die Stärkung bestimmter Interaktions- und Wissensformen, die zum Erhalt des Ökosystems in Zeiten massiven Wandels beitragen können. Kunst ist dabei eine Form der Reflexion über das menschliche Wesen und seinen Einfluss auf unseren Planeten.
Das AZULIK Art Center im Dschungel von Mexiko wurde im November 2018 eröffnet. Die Struktur taucht aus dem Dschungel auf. Der Besucher des Museums - oder besser: des »Museions« - trifft auf biomorphe Volumina und hängende Brücken, die auf unterschiedlichen Höhen in das Gebäude führen. Irgendwie scheint hier alles ganz natürlich aus der Substanz des Waldes zu wachsen. Das Museum ist wie eine Art Wunderwelt in den Dschungel imprägniert. Es befindet sich in Francisco Uh May im Herzen der Halbinsel Yucatan und soll als Kunstraum und Designschule, Künstler mit der örtlichen Bevölkerung der Maya in Kontakt bringen, damit jeder von jedem lernen kann. Das Team hat das Museum völlig ohne Pläne baut, dh. es gibt keinen Grundriss, Lageplan oder Schnitte. Vielmehr orientierte man sich an den Umrisslinien der Baumkronen und damit zusammenhängenden Lichteinfall. Die Entscheidungen über den jeweils nächsten Schritt im Bauprozess traf man ad hoc, der Idee folgend, dass die besten Ideen einem nicht sofort in den Kopf kommen. Natur und Architektur wachsen zusamme, alles verbindet sich organisch. Ein bisschen erinnern die polierten Betonoberflächen auch an die frühe Hippiearchitektur.
In Zeiten der Krise wird es immer unwahrscheinlicher, Museen als unveränderliche Institutionen zu planen, die wie Bollwerke in der Zeit stehen. Neira sieht den Urwald als eine kulturelle Sphäre, die alle westlichen Konventionen sprengt. Der Besucher zieht seine Schuhe aus, bevor er das »Museion«, den Ort der Musen, betritt. Der wellenförmige Struktur ist das Ergebnis von intuitiver Kreativität und Spiel. Alle Projekte von Naira und seinem Team versuchen sensibel mit der Umwelt, mit den lokalen Ökosystemen umzugehen. So umarmen die Strukturen die bestehende Vegetation, statt sie zu verdrängen oder zu ersetzen. Vielleicht verbirgt sich darin auch ein Ansatz, um auf beides, die Krise der Natur und der Institution Museum, reagieren zu können.
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