Entwerfen_ Organisation
Ablauf des Entwerfens WS 2023-24
(Programm)
15.09.2023
Die Cultural Studies zielen ihrem Ansatz nach auf eine Beschäftigung mit Alltagspraktiken, alltäglichen kulturellen Konflikten und Fragen soziokultureller Verhandlungen von Identität im Spannungsfeld von Macht, Kultur und Identität. Der Fokus richtet sich auf aktuelle Entwicklungen und Objekte der Gegenwartskultur, die auf ihre diskursiven, politischen sowie lebensweltlichen Implikationen und Kontexte hin analysiert werden. Im Rahmen der Cultural Studies versuchen wir die realen Kräfte zu verstehen, die Architektur produzieren und zu beobachten, auf welche Art und Weise sie zustande kommt. So gesehen ist die Architektur eine kulturelle Artikulation im Sinne der Cultural Studies.
25.08.2023
Im Entwurfsstudio soll im Rahmen eines Ideenwettbewerbs für Studierende ein Projekt (Konzept und Entwurf) für ein Museum im Gschnitztal (Tirol) mit dem Themenschwerpunkt „Natur“ ausgearbeitet werden. Der Entwurf soll den konzeptionellen, funktionellen und gestalterischen Ansprüchen eines Museums gerecht werden, das wir heute möglicherweise noch gar nicht kennen. Mit der Bauaufgabe verbindet sich die Herausforderung, die Idee des Museums - seine Hardware und Software - neu zu denken. Im Sinne einer Selbstbefragung soll das Museum zu einem identitätsstiftenden Ort für eine plurale Gesellschaft des 21. Jhrts. werden, die sich den Herausforderungen der Zeit stellt. Im Einklang mit der Idee, kreative Vorschläge für ein einzigartiges Museum zu erarbeiten, gilt es, das lokale Potential auszuloten, Finanzierungsmodelle zu erarbeiten, vielfältige Möglichkeiten der interdisziplinären Auseinandersetzung in Erwägung zu ziehen, Vorschläge für hybride und partizipative Nutzungen auszuarbeiten (zB. „Living Museum“, „Wildlife Pavilions“, „Empty Spaces“, "Follies" usw.) und die Vision eines neuen Museums in Zeichnungen und Modellen der Öffentlichkeit im Rahmen einer Ausstellung vorzustellen.
25.08.2023
Im Seminar wird das Museum als öffentlicher Raum, als Ort der Erinnerung und des Lernens, als kulturelle und soziale Plattform, als Lebensforum und kollektive Praxis, als Ausgangspunkt einer Reise, als skulpturales Statement, als poröse Struktur, als Oase und Zufluchtsort, als kollektive Intimität, als Archäologie der Zukunft, als Plattform der Freiheit, als neuer öffentlicher Raum, als Strategie des Placemakings und als Ort der Empathie betrachet. Die theoretische Grundlage dafür ist das Buch „Imaging the Future Museums“ von András Szántó. Die im Buch vorgestellten Projekte sollen in einem ersten Schritt analysiert (Programm, Grundrisse und Schnitte, Kontextualität, Materialität) und theoretisch mit Hilfe der im Buch angesprochene Konzepte („Porosität“, „Thirdspace“, „Permeabilität“, „Temporalität“, „Landschaft“ usw.) reflektiert werden. Die Konfrontation mit kulturellen Haltungen und insbesondere mit nicht-vertrauten Perspektiven auf den architektonischen Raum wird geübt, um Räume in ihrer architektonischen Qualität analysieren, dokumentieren und bewerten zu können. Das Ergebnis soll ein Werkzeugkasten sein, der den Studierenden bei ihren Entwürfen als Grundlage dient. Im Zentrum der Übung steht die räumliche Notation der erarbeiteten Inhalte. Deshalb wird es im zweiten Teil des Seminars darum gehen, die Ergebnisse der theoretischen Reflexion auf die örtlichen Verhältnisse anzuwenden: Wie kann man „Zeitlichkeit“ in der Architektur erfahrbar machen? Wie gelingt es, im dörflichen Kontext eine Museumsarchitektur „porös“ zu machen? Wie kann man Museen flexibler, poröser, kulturell und sozial verantwortungsvoller und umweltgerechter machen? Wie könnte das Museum der Zukunft aussehen, als greifbare Struktur und als Ort mit besonderen Eigenschaften? Und: Wie kann man das alles in einem kleinen, alpinen Seitental machen?
25.08.2023
Das Museum ist ein historisches Konstrukt, geboren in Europa und aufgewachsen in Amerika. Als Globalisierungsprodukt ist es heute eingebettet in verschiedene kulturelle Kontexte weltweit. Die Meilensteine der Museumsarchitektur - wie zB. das Guggenheim-Museum in New York, das Lousiana Museum in Dänemark, das Centre Pompidou in Paris oder das Guggenheim-Bilbao (u.v.a.) - sind auch für die junge Generation von Architekt*innen zentrale Referenzen. Heute zeichnet sich allerdings eine Abkehr von den ikonischen Gebäuden der Stararchitekten ab, die seit den 1990er Jahren im Anschluss wie Pilze aus dem Boden schossen. András Szántó hat in seinem Buch "Imagining the Future Museums" 21 Positionen zur zeitgenössischen Museumsarchitektur gesammelt. Er lässt Architekt*innen in Interviews zu Wort kommen, die faszinierende Museumsprojekte realisiert haben, die nicht mehr wegen ihrer massenwirksamen Effekte überzeugen oder deshalb, weil sie selbst zu Kunstwerken werden, sondern vielmehr durch ihr Engagement für Kultur, Gesellschaft und Umwelt. Diese Projekte sollen auf der Basis theoretischer Konzepte („Porosität“, „Thirdspace“, „Permeabilität“, „Temporalität“ usw.) analysiert werden, um einen Werkzeugkasten (set of tools) zu erstellen, der die Studierenden bei ihren Entwürfen unterstützen kann. Ziel des Seminars ist es, vor dem Hintergrund der Debatte um neue Museen eine Neubewertung und Neupositionierung des Museums zu versuchen und eine internationale Kontextualisierung vorzunehmen. Kritiker meinen, das Museum werde als kulturelle und soziale Institution nicht überleben, sollte es sich nicht grundsätzlich weiterentwickeln. Wie müssen Hard- und Software von Museen beschaffen sein, um eine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit geben zu können? Wie kann man Museen noch konsequenter zum Bestandteil lokaler kultureller und sozialer Infrastrukturen machen und sie zugleich als Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit konzipieren? Wie kann man Museen flexibler, poröser, kulturell und sozial verantwortungsvoller und umweltgerechter machen? Müssen wir uns an bestehenden Typologien (Typogenese) orientieren oder steht das Programm im Vordergrund? Wie könnte das Museum der Zukunft aussehen, nicht nur als institutionelles Konstrukt, sondern als greifbare Struktur und als Ort mit besonderen Eigenschaften?
22.08.2023
Für Adjaye ist das Museum ein »typologisch beflecktes Projekt, ein verwundetes Tier vom ersten Tag an«. Es feiert etwas, worüber man eigentlich traurig sein sollte: die gezielte Zerstörung einiger Gesellschaften. Doch im Kern ist die Idee, Wissen zu teilen, grundsätzlich schön. Letztendlich ist das Museum eine Maschine, die den Menschen etwas über die Welt beibringt. Aber zu welchem Preis? Adjaye spricht über das "Edo Museum of West African Art", das wohl ambitionierteste Museumsprojekt auf dem afrikanischen Kontinent und seine zentrale Rolle in der gegenwärtigen Debatte um die Rückerstattung von Kulturgütern. Das koloniale Projekt hat die physische Struktur Afrikas zerstört. Was von der ursprünglichen Kultur geblieben ist, sind die Objekte, über deren Rückerstattung man gerade spricht. Die Rückerstattung sollte es den Gemeinschaften, die sie einst besaßen, erlauben, ihre ganz eigene Form der Modernität und Emanzipation zu aktivieren - und sie Rechenschaft darüber ablegen könnten, wer sie in der Gegenwart sind. Adjaye ist überzeugt davon, dass das Museum in Afrika eine ganz eigene Typologie ausbilden müsse. Das Wunschbild ist ein Museum als ein Knotenpunkt in einem globalen Netzwerk, das aus einer Weltkultur heraus entsteht und nicht wieder nationale und koloniale Narrative wiederholt.
20.08.2023
Bjarke Ingels Projekte werden oft von einer großen Idee angetrieben, die den Zweck des Gebäudes ausdrückt. So schaut das Musée Atelier Audemars Piguet, ein Uhrenmuseum, aus wie die Spiralfeder einer Uhr. Das Gebäude ist Ausdruck und Symbol. Es ist Ausstellung. Ingels sieht seine Arbeiten in der Tradition der Guggenheim-Museen, meint aber, dass es ihm gelinge, Form und Inhalt zur Deckung zu bringen. Für das Museum der Zukunft hat er große Visionen: Das Museum soll engagierter und demokratischer sein. Das Museum ist Avantgarde, nicht nur künstlerische, sondern auch soziale. Als Experimente, die ein kleines, pragmatisch umgesetztes Stück Utopie in die Tat umsetzen, reichen Museen weit in die Zukunft hinein. Diese Wirkung kann weit über die Dimensionen eines Gebäudes hinausgehen. Sie entsteht aus neuen Allianzen, auch für die Natur. Darin sieht Ingels die wahre Macht der Museen in Bezug auf ihre Wirkung in der Welt
19.08.2023
In Afrika ist das Museum ein Problem. Es ist eine Institution, die aus der Perspektive der Kolonialherren entstanden ist. Im Kontext des Kolonialismus erscheint das Museum nicht als harmlose Einrichtung, in der einfach schöne Objekte ausgestellt werden. Kulturgeschichtlich betrachtet hatte Afrika nie Museen, sondern Artefakte, Rituale und Objekte, die nicht für die Ausstellung gedacht waren. »Museum« ist für Afrika fast ein Fremdwort. Kabage Karanja und Stella Mutegi, die in Nairobi das Cave-bureau betreiben, antworten mit ihrer Vision eines Museums der Zukunft auf die dringenden Herausforderungen unserer Zeit. Die Höhle ist für sie der zentrale Rückzugsort, der eine neue Perspektive und Heilung verspricht. Das »Anthropozän-Museum« kommt ganz ohne Gebäude aus, denn es geht um eine kuratorische Praxis, welche die lokale Gemeinschaft zusammenführt, um ihre dringenden Probleme zu diskutieren.
19.08.2023
Stefan Schütz von gmp spricht über seine Vision eines Museums der Zukunft. Das Museum wird nicht mehr nur ein Container für Kunst und Ausstellungen sein, sondern zuallererst ein Ort für Menschen. Die Besucher sollten das Programm des Museums mitgestalten können, deshalb braucht es Räume für vielfältige Formen der Partizipation (coworking-spaces, labs, maker spaces, workshops usw.) und der Aktivierung. Die Menschen werden andere Erwartungen in das Museum setzen als wir es heute tun, das sollten wir beim Entwurf eines Museums mitdenken. Flexibilität ist ein wichtiges Kriterium, wie auch Transparenz und Offenheit. Letztere bedeuten nicht nur, dass man Glasfassaden einsetzt, sondern dass man verschiedene Aktivitäten zulässt. Das Museum sollte für Schütz wie ein städtisches Wohnzimmer für alle sein, mit Sofas statt harter Ecken, mit Pflanzen und großzügigen Aufenthaltsbereichen. Die radikale Öffnung und Demokratisierung des Museums wird auch dazu führen, dass es viel weiter in seine Umgebung hineinreichen wird, gleichzeitig wird das Museum der Zukunft noch mehr im lokalen Kontext verankert sein.
18.08.2023
Wie können Architekten Museen bauen, auf die wir auch noch in fünfzig Jahren nicht verzichten möchten? Um unverzichtbar zu sein, muss man das Museum nicht als Luxusgut sehen, sondern als eine gemeinsame Notwendigkeit. Es sollte alle Menschen einladen. Es könnte auch dezentralisiert sein, mit Satelliten, die über die ganze Stadt zerstreut sind. Es sollte kein isolierter Silo sein, sondern Teil einer kulturellen Infrastruktur, die wiederum verknüpft ist mit Erziehung und den nicht-visuellen Kunstformen - und zum Rathaus, denn das Museum braucht den Einfluss auf die Politik. Es könnte verbunden sein mit anderen Teilen der Welt, ein kultureller Hub, weltweit vernetzt mit anderen, um einen Diskurs ins Leben zu rufen, der nicht von der Geografie begrenzt wird. Vielleicht sollte das Museum kein Ding sein, sondern ein System. Und es sollte eine große Bar haben, ein Ort sein, wo man etwas essen kann, trinken, rumhängen kann, 24 Stunden am Tag.
18.08.2023